Ein umgeschüttetes Glas Wasser. Oder: Wie du Muster erkennst, die verborgen gegen dich arbeiten.

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Mein Aha-Moment: Ich flippte aus!

Ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre. Denn es war einer dieser Aha-Momente, der rückblickend vieles ins Rollen brachte und mich gründlich aus meinem damals vermeintlich festgefahrenen Frustalltag rausgerissen hat.

Es war vor ziemlich genau 8 Jahren. Ein typischer Tag mit meinen Kindern, die damals 2 bzw. 6 Jahre alt waren. Einer dieser Tage, an denen ich wieder extrem das Gefühl hatte, mein Alltag erdrückt mich. Total überfordert, meine Kinder, die mir den letzten Nerv raubten (meine Große empfand meine Jüngere als den „Feind im Haus“ und dementsprechend ging es bei uns zu).

Ein Job, der mich überhaupt nicht erfüllte, Haushalt, Eheroutine. Ein Tag nach dem anderen, den ich irgendwie „runterspulte“. Und es passierte an diesem Tag genau das, was andauernd geschah: Eines meiner Kinder schüttete sein Glas Wasser am Tisch um. Zack. Alles tropfte wieder mal auf den Holzboden runter. Und es führte genau zu dem, was IMMER mit mir passierte in diesem Moment: Ich fing an, komplett auszuflippen und schrie die beiden an. Wut überkam mich. Ich reagierte vollkommen über. Meine Kinder, die dann nur mehr geschockt dasaßen und keinen Mucks mehr machten – weil sie in diesem Moment Angst vor ihrer Mutter hatten. Und jedes Mal schämte ich mich hinterher, schwor mir immer: „Das nächste Mal schaffst du es, „normal“ zu reagieren.“

“Was zum Kuckuck geschieht mit mir?”

An diesem besagten Tag gelang es mir zwar wieder nicht, aber es passierte etwas anderes in mir. Ich war plötzlich vollkommen ruhig und bewusst und stellte mir die Frage: „Was zum Kuckuck geschieht da jedes Mal mit dir? Es ist doch nur ein verschüttetes Glas Wasser. Das sind Kinder. Und jedes Mal, wenn das Glas umfällt, springt etwas innerhalb von Millisekunden in dir an, das die Kontrolle übernimmt.“ Ich stand also da und analysierte mich von außen. Ich stellte fest: Es war wie auf einer Wasserrutsche – ich war unfähig, zu stoppen. Ich rutschte die „Wut-Rutsche“ hinunter.

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Ich setzte mich also zu meinen Kindern an den Tisch, versuchte, mich zum ersten Mal (wie so ein unbeholfenes, kleines Kind) zu entschuldigen und sagte echt betroffen: „Ich habe keine Ahnung, was da mit mir passiert. Es ist, als ob mich da etwas steuert. Und die Mama schafft es nicht, ruhig zu bleiben.“ Und irgendwie schoss mir in dem Moment plötzlich der Gedanke ein: „Frag deine Mutter. Frag, ob du als Kind auch viele Gläser umgeschüttet hast.“ Ich dachte angestrengt darüber nach, aber ich konnte mich an nichts erinnern. Also schrieb ich ein SMS an meine Mutter: „Hallo Mama, sag mal – hab ich als Kind oft Gläser umgeschüttet?“ Und prompt kam postwendend die Antwort: „Ja, sehr oft. Und ich habe leider immer extrem mit dir geschimpft. Das tut mir heute im Nachhinein sehr leid.“ Als ich das las, konnte ich es kaum fassen. Ich konnte mich rückblickend nicht an EINE EINZIGE Situation erinnern. Nicht an eine! Aber offensichtlich hatte mein Unterbewusstsein diese Reaktion ganz tief drinnen abgespeichert und wiederholte etwas, woran ich selbst als Kind offensichtlich gelitten hatte. Denn niemand mag so eine heftige verbale Reaktion über sich ergehen lassen müssen… Mir wurde in diesem Moment jedoch eines so richtig bewusst: das Ausmaß an unbewusst übernommenen Mustern aus der Kindheit.

Muster erkennen: Ein Meilenstein in meiner Persönlichkeitsentwicklung

Das war rückblickend ein sehr großer Meilenstein in meiner Persönlichkeits-„Entwicklung“. Denn irgendwie finde ich dieses Bild sehr passend: Du „wickelst“ dich immer mehr aus. Packst dich aus. Alles, was nicht zu dir gehört und was dir nicht guttut - das muss erkannt und verändert werden. Und ich begann von da an sehr bewusst durch meinen Alltag zu gehen. Wie ein Detektiv, um weitere emotionale Triggerpunkte zu finden. Reaktionen, wo ich heftig reagierte oder Gedanken in mir auftauchten, die mich runterzogen. Parallel begann ich damals, mich intensiv mit meinem “inneren Kind” zu beschäftigen. Besuchte eine Transformationswoche bei Robert Betz. Diese Woche war extrem heilsam kann ich nur sagen. Und es war auch der Beginn, dass ich danach nicht mehr aufhören konnte, mich zu “entwickeln”. Zum Glück! Ich machte danach selbst die 1- jährige Ausbildung zum Transformationstherapeuten, danach eine knapp 2-jährige Ausbildung zum integralen Life Coach - weil es mir eben so sehr geholfen hat. Wir alle haben so viel erlebt und vor allem auch so viel vorgelebt bekommen. Wir haben so viel unbewusst übernommen, von dem wir nichts wissen. Muster, die unbewusst in unserem Unterbewusstsein gegen uns arbeiten. Und genau da sollten wir uns selbst helfen lernen. Wurzelziehen & Wahrscheinlichkeitsrechnung braucht fast kein Kind in seinem späteren Leben. Aber wie wir konstruktiv mit unseren Ängsten, unseren unbewussten Mustern, unserer Wut & Co umgehen sollen - das lernen wir äußerst selten im Leben.

Genau da kannst du aber sehr einfach anfangen, wenn du etwas in deinem Leben verändern willst. Fang an, hinzuschauen. Suche explosive „Minen“ in deinem Alltag. Vielleicht sind es immer wiederkehrende Situationen, die dir das Leben schwer machen. Die Angst oder Wut in dir erzeugen. Werde der Forscher in deinem Leben. Werde bewusst und triff für dich neue Entscheidungen – Entscheidungen wie du es gerne hättest, wie du gerne reagieren und wirklich sein willst in diesen Situationen. Natürlich musst du diese neuen Entscheidungen üben beginnen. Die müssen und sollten irgendwann genau so in dein System übergehen wie die alten, die dir nicht dienlich waren.

Heute bin ich vollkommen ruhig, wenn ein Glas umfällt. Ich lächle und denke mir: „Es ist nur ein Glas Wasser.“ Und nichts mehr reagiert in mir. Denn genau so wollte ich immer reagieren. Ist es mir damals sofort gelungen? Natürlich nicht! Aber ich habe wirklich fleißig geübt. Weil ich meine Kinder nicht weiter emotional verletzen und belasten wollte. Und wenn es damals wieder einmal schief gegangen ist, dann habe ich mich SOFORT entschuldigt und es meinen Kindern immer wieder erklärt, was da passierte. Und es gelang mir immer öfters ruhig zu bleiben. Und heute lächle ich nur mehr. Und auch meine Kinder lernten dadurch, dass man Dinge verändern kann, wenn man es WIRKLICH WILL.

Und genau so geht das mit anderen „Minenfeldern“ in deinem Leben. Bleib dran. Hör auf zu denken „So bin ich eben“. Wenn du darunter leidest (und vielleicht auch dein Umfeld darunter leidet!) dann kannst du es jeder Zeit ändern. Du hast es in der Hand.


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Verleihe deiner Scheisse Sinn. Und du wirst schneller heilen…